Der Albtraum jeder Hausfrau

Düsseldorf - Der Kristallpalast nicht Ralf Sturm ist der Albtraum jeder Hausfrau. 

über 100 Scheiben aus Glas und jede muss ohne Kratzer sein. Denn nur dann 

führen die Spiegel die Besucher der Rheinkirmes in die Irre.

Kommen wir hier wieder raus? Diese Frage stellte die meisten Besucher der Familie Sturm. Wer sich auf der Rheinkirmes amüsieren will, steht meist kopf und wird umhergewirbelt. Aber auch wer's langsamer mag, kommt auf seine Kosten. Mehrere Laufgeschäfte gibt es auf der Rheinkirmes, die so heißen, weil man, nun ja, durchläuft. Wichtig man rennt nicht durch, man geht. Sonst könnte es blutige Nasen geben. Nicht umsonst sagt Andrea Sturm am Eingang ihres Kristall-Palast: "Bitte die Hände nach vorne!" Wer das vergisst, bremst mit dem Kopf !

Nicht alle finden hinaus

Zerrspiegel empfangen einen am Eingang. Übrigens original DDR-Produktion. "Wir haben mal die Rahmen abgemacht und dabei die Zettel entdeckt", sagt Ralf Sturm. Raritäten also, auf die man besonders achtgibt. Ein zerbrechliches Geschäft, sollte man denken. "Das ist Sicherheitsglas", sagt Sturm, "da geht nichts kaputt."120 Spiegel ordnet er so an, dass es zwar viele Möglichkeiten gibt umherzuirren, aber nur einen Weg vom Eingang zum Ausgang.

"Das Geschäft hat mein Opa 1959 selbst gebaut", 

sagt er, "er war in Paris bei einer Ausstellung, hat in Paris ein Spiegellabyrinth 

gesehen und es nachgebaut." Es sei das erste seiner Art gewesen in Deutschland, mit dem man reisen konnte. Und wie das so ist bei Schaustellern, Geschäft und Reiselust werden vererbt. Sturms Mutter war auf den Festplätzen zu Haus, auch die Sturms reisen mit den Söhnen Ralf und Sascha von März bis Ende Dezember. Bis nach Frankreich.

Nun ist ihr Geschäft auch international. Sprechen muss man nicht, sondern schauen, will man herausfinden. Allerdings machen sie es einem auch ganz schön schwer. Drei Stunden putzt Sturm mit seinen Leuten jeden Morgen die Spiegel blitzblank. 120 Scheiben, die zwei Meter hoch und 80 Zentimeter breit sind, das macht 192 Quadratmeter Glas. Respekt. Und wie putzt man am besten? "Fettlösendes Spülmittel" und dann mit dem Wischer drüber. Kein Fleckchen darf den Blick trüben. So entsteht der Eindruck eines riesigen Raums, in dem es überallhin und doch nirgends hingeht. Ist hier ein Durchgang oder eine Sackgasse? Man sieht es nicht, man fühlt es nur.

Nicht alle finden allerdings hinaus, "manchmal muss mein Sohn hinein und Besucher herausführen, die sich gar nicht mehr zurechtfinden." Oder es springt ein hilfreicher Geist ein. Wie jener Mann, der einer Frau den rechten Weg zeigte. Sie vertraute ihm auch fürderhin. "Die beiden waren kürzlich da und haben mir erzählt, dass sie sich bei mir getroffen und nun geheiratet haben." Also meine Herren, hinein ins Labyrinth. Aber man sollte nicht auf sein Gedächtnis vertrauen. Ralf Sturm baut jede Woche das Labyrinth um. Für allzeit freudige Irrwege.

Spiegellabyrinth heißt der Fachbegriff

für das Geschäft der Sturms. Angeblich hat der Berliner Gustav Casten 1889 den allerersten dieser gläsernen Irrgärten für den Sultanspalast in Istanbul gebaut. Die Idee des Labyrinths ist natürlich viel älter. Daidalos baute vor Tausenden Jahren eines auf Kreta, um den Minotaurus gefangen zu halten, jenes Fabelwesen aus Mensch und Tier. Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt nahm sich später die literarische Freiheit, den Minotaurus durch ein Glaslabyrinth irren zu lassen, auf dass er sich erkenne.

Der Kristall-Palast ist auch das günstigste Laufgeschäft auf der Rheinkirmes in diesem Jahr.